Seehausen und seine Kirche

Das Fischerdorf Seehausen am Oberuckersee wurde erstmals 1250 erwähnt als Besitz des dort etwa 1220 gegründeten Zisterzienserinnenklosters Marienwerder, das im Zuge der Reformation aufgelöst und dessen bauliche Reste in den folgenden Jahrhunderten nahezu spurlos abgetragen wurden. Jedoch vermag ein außerordentlich umfangreicher Tauchfund von alltagskulturellen Gegenständen des Mittelalters im Oberuckersee einen Eindruck vom Klosterleben zu geben. Das Landbuch Karls IV. verzeichnet für Seehausen 64 Hufen Land im Jahr 1375, von denen 43 zum Vorwerk des Klosters gehören und der Rest von einem Lehnschulzen, acht Bauern und 32 Kossäten bewirtschaftet werden. Nach der Reformation und Aufhebung des Klosters wurde Seehausen in das kurfürstliche Domänenamt Gramzow und nach dem Dreißigjährigen Krieg in das Schulamt des Joachimsthal’schen Gymnasiums eingegliedert.

Im 18. Jahrhundert, womöglich durch den neuen Wirtschaftszweig des Tabakanbaus ermöglicht, wurde eine neue Kirche – eine der seltenen Fachwerkkirchen der Uckermark – auf dem Dorfanger errichtet.

Von dem Vorgängerbau sind keine Nachrichten über Größe und Gestalt überliefert. Dass es einen gegeben haben muss, darauf deuten allerdings die mittelalterliche Altarmensa, die ältere Glocke (1622) und die kostbare Ausstattung hin. Die Kirche ist ein schlichter Fachwerksaal mit drei Fensterachsen und verbrettertem Dachturm von 1753. Die geputzten Gefache, die massive Ostwand sowie der Windfang vor dem Eingang zeigen deutlich die Spuren der Bemühungen um den Erhalt des Baus im 20. Jahrhundert. Der lichte Innenraum besitzt eine fl ache Balkendecke. Gefaste Pfosten mit angedeuteten Kapitellen gliedern die Wände. Gestühl und Orgelempore stammen aus dem 19. Jahrhundert. Kräftige Renaissanceformen und Beschlagwerk schmücken das vor 1600 geschaffene Altarretabel. Es ist durch ein Säulenpaar und das antikisierende Gebälk jeweils dreigeteilt. Die Predella trägt ein lebhaftes Relief des Abendmahls: Johannes schmiegt sich zärtlich an Jesus, die individuell gestalteten Jünger sind in Gespräche vertieft, einer weist auf den Verräter Judas mit seinem Beutel voller Silberlingen. Flankiert von den beiden thronenden Apostelfürsten Paulus und Petrus, mit Schlüssel und Schriftrolle als Attribut, werden hier die Grundpfeiler der Lutherschen Kirche bildlich dargestellt.

Darüber, im zentralen Feld des Altarretabels, betrauern Maria und Johannes, beide mit Heiligenscheinen versehen, den Gekreuzigten auf dem Berg Golgatha. Im Hintergrund ist mit Palmen, den Zinnen und Türmen einer Stadt das biblische Jerusalem in die Uckermark gebracht worden. Etwas ungewöhnlich für einen protestantischen Altar begleiten der Hl. Jakob mit Muschelhut und Pilgerstab sowie eine nicht zu identifizierende Heilige oder vielleicht auch Justitia die Kreuzigungsszene. Den Aufbau beschließt der segnende Heilsbringer der Welt, der “Salvator Mundi” mit der Weltkugel, in der Bekrönung des Altars. Die 1619 datierte Kanzel zeigt auf dreien ihrer vier Felder die Evangelisten Markus, Lukas und Johannes mit ihren Symbolen in reich mit goldfarbenen Beschlagwerk dekorierten Bogennischen. Feinsinnig sind sie beobachtet beim Lesen, Schreiben oder Verkünden der Botschaft . Auf den Feldern des Treppenaufgangs finden sich Matthäus mit Buch, der vierte Evangelist, Jakobus mit Pilgerstab sowie Bartholomäus mit einem Schindermesser. Der Kanzelkorb ruht auf einem kräftigen Volutenkranz mit betenden Engelsfiguren, auf dem üppig dekorierte und verkröpfte Säulen um den Korb herum plaziert sind. Auf dem Schalldeckel türmt sich ein Gebirge aus reich verzierten Voluten auf, in dessen Zwischenräumen kleine Engel Instrumente herbeitragen. Schaut man ganz genau hin, so erkennt man im Zentrum eine spätgotische Mondsichelmadonna, die mit Zepter und dem Kind im Arm milde auf die Gemeinde in Seehausen blickt.

Nur zwei prachtvolle Bronzekronen, eine davon 1715 datiert und mit Doppeladler geschmückt, sind von der barocken Ausstattung erhalten geblieben. Die 1805 angefertigte zweite Glocke berichtet ebenso wie der Taufstein aus Tonguss und die beiden großen zinnernen Altarleuchter aus der Mitte des 19. Jahrhunderts von der steten Pflege und Wertschätzung, die die Kirche genoss. Dem Altar gegenüber wurde etwa um diese Zeit mit dem Gestühl eine niedrige Empore eingerichtet. Auf gedrungenen Stützen trägt sie die pneumatische Orgel, um 1860 von Friedrich Kaltschmidt (Stettin) erbaut. Sie musste jedoch bald mehrfach von Wilhelm Remler (Berlin) repariert werden, so dass man sich 1906 zu einem Neubau durch Albert Kienscherf (Eberswalde) entschloss. 2010 konnte das Instrument auf Initiative des Fördervereins Dorfkirche Seehausen – Uckermark e. V. hin restauriert und zur Freude von Gemeinde und Besuchern mit einem Konzert wiedereingeweiht werden.